Montag, 5. Mai 2008

wiki iliopita

Viele und vor allem herzliche Grüße aus Tanzania senden wir Euch allen. Den nachfolgenden Text erhalten manche von Euch auch als klassischen Rundbrief ( also mit der Post) Trotzdem haben wir ihn auch gebloggt, nach dem Motto: Lieber doppelt als gar nicht.


Viele von Euch fragen immer mal wieder nach unserem Alltag.

„Wie läuft das denn so, bei euch in Tanzania?“

Diesmal deshalb ein bisschen Alltag, -beruflich und privat- . (zwangsläufig mehr aus der Sicht von Günter, der gerade schreibt)


Nach nun 9 Monaten in Tanzania ist natürlich nicht mehr täglich so viel Exotisches und Neues zu bestaunen. In vielen Dingen stellt sich Routine ein. Und neben allem, was in Afrika anders als in Europa ist, gibt es dann doch auch vieles was einem bekannt vorkommt. Nehmen wir also meine Woche nach Ostern:



Mittwoch: Der Gemeindepfarrer aus Karansi, Mchungaji1 Laizer, hatte gebeten, dass jemand aus Faraja mit zu einem Treffen in eine andere Gemeinde kommt (vielleicht war ja auch nur unser Fahrzeug wichtig). Anyway, es geht darum, dass ein Wanderprediger durch die Massaidörfer streift, seltsame Dinge predigt und und die Menschen mit Honig „tauft“. Die evang. Kirche muss da irgendwie reagieren. Mit diesem Treffen, also der Anfahrt, den üblichen Verzögerungen, langen Diskussionen und Beschlüssen zu einem Seminar und der weiteren Verbreitung der Bibeln in der Sprache der Massai, ist der Tag damit schon gelaufen.


Donnerstag: Sitzung des Finanzausschusses der Diözese. Wie alle anderen Leiter von Einrichtungen der Diözese, bin ich beratendes Mitglied dieses Gremiums und verbringe somit einen Tag in einem Sitzungszimmer in Moshi. Im Anschluss an die Sitzung habe ich dann noch neue Stühle in einer kleinen Fabrik abgeholt.


Freitag: Ein sehr frühes Treffen (9.00 Uhr) wiederum in Moshi (ca. 50 km), zusammen mit einem Diakon der für eine neue Stelle angefragt ist. Zurück in Faraja gegen 11.30. Rechtzeitig um an einem Pfarrerstreffen unserer Region teilzunehmen. (Beginn war um 10.00 vereinbart, gegen 11.30 haben wir dann Tee getrunken und auf die restlichen gewartet). Infos über Faraja, das Seminar wider den Honigtäufer wird besprochen, ein spätes Lunch und der Tag ist auch schon wieder rum.



Samstag:

Hauptsächlich ist Gabi die Leiterin der Diakonenausbildung. Aber sie ist auch die „MAMA“ des Zentrums. Nachdem unsere Lagerverwalterin kürzlich ein Kind Baby bekommen hat, muss, solange sie Babypause macht, die Mama Lebensmitteleinkauf und Lebensmittelausgabe organisieren und kontrollieren.

Samstag ist Markttag, das heißt Einkaufstag für Gabi. Zusammen mit unserm Fahrer wird alles beschafft was für die kommende Woche notwendig ist und anschließend genau registriert und eingetragen. Leider ist die Not vieler Mitarbeiter( und damit die Versuchung) ein paar Tomaten, etwas Zucker oder Reis.... mitgehen zu lassen groß.


Sonntag:

Das sollte nun wirklich ein besonderer Tag werden. Wir waren eingeladen, zusammen mit Mch. Laizer, in sein Heimat“dorf“ zu fahren und dort im Gottesdienst zu predigen (Gabi).

Mchg. Laizer ist Massai und seine Boma liegt in der Gegend von Merehani. Etwa zwei Autostunden auf sehr schlechten Straßen von uns entfernt. Merehani ist das Zentrum des Tanzanitabbaus. Tanzanit ist ein seltener und damit sehr teuerer, blauer Edelstein, den es, auf der ganzen Welt, nur in dieser Region gibt.


Zusammen mit den Diakonenschülern starteten wir gegen 7.00 früh. Über recht abenteuerliche Abkürzungen (es ist Regenzeit), durch und entlang von allerhand Flussläufen gelangten wir auch in die Region, weit hinter dem Kilimajaro Airport. Leider war dann irgenwann ein Strommast samt Leitung auf die Straße gefallen und beim Versuch die Stelle zu umfahren landeten wir (d.h. ich, weil ich gefahren bin) im Sumpf. Obwohl unser Landcrusier wohl zu den robusten Geländefahrzeugen gehört, war hier kein rauskommen mehr möglich.


OK, Gabi, die Studenten und ein Pfarrer der zwischenzeitlich zu uns gestoßen waren gingen zu Fuß weiter (ca. 45 Min.). wir Zurückgebliebenen konnten irgendwann einen Traktor auftreiben, eine starke Kette, 20 Massai mit Schaufeln und allerhand Gebete. Nach etwa 2 Stunden hatten wir das Auto frei und erreichten die kleine Kirche etwa mit Ende der Predigt. Vor dem Gottesdienst tauchte noch die Frage auf , ob Gabis Predigt in Ki-suaheli noch in Ki-massai übersetzt werden müsse. Gabis Kisuaheli war dann aber doch aureichend.


Irgendwie hatte es sich schnell herumgesprochen, dass hier zwei Weiße wären, die sich um behinderte Kinder kümmern würden. Wir waren also gebeten, nach dem Gottesdienst „Sprechstunde“ abzuhalten.

Das Folgende ist nun kaum zu beschreiben. Mütter mit Kindern standen Schlange. Kinder mit unterschiedlichsten Behinderungen wurden uns vorgestellt. In der Regel haben sie noch nie Arzt gesehen. Wir sind keine Mediziner aber viele Krankheiten sind offensichtlich: Hydrocephalus (Wasserkopf), Kinderlähmung, deformierte Gliedmaßen, Down-Syndrom, ... aber auch Krankheiten wie Gelbsucht, Hautausschläge, .....

Einige Hausbesuche folgten. In einigen Fällen konnten wir konkrete Hilfen vermitteln, etwa zu einem unserer Diakone der Arzt ist, eventl. eine Aufnahme in unsere Schule in Aussicht stellen, in anderen Fällen konnten wir zumindest Rat geben, in allen Fällen konnten wir beten.


Unsere Studenten, aber auch wir selbst, haben an diesem Tag etwas mehr begriffen, welche Herausforderung „diaconic work“ hier bedeutet.


Der Ort Merehani (etwa 30

km weiter) ist eine größere Ansiedlung, die wohl am ehesten mit Goldgräbersiedlungen im „wilden Westen“ zu vergleichen ist. Desperatos aller Art sind zu finden. Die Hinweisschilder mit Aidswarnungen alle paar hundert Meter entlang der Hauptstraße aufgestellt , erklären um welche Art von Bars und Guesthouses es sich hier handelt. Keine Gegend in die wir ohne einheimsche Begleitung fahren würden.


Ein anderes trauriges Ereignis dieses Tages ist leider auch noch zu vermelden: Aufgrund eines Wassereinbruchs in einer Tanzanitmine starben an diesem Sonntag mehr als 70 Personen. Eine Bergung der Leichen ist nicht möglich.


Montag.

Ein Bürotag. Gegen 10.00 taucht Mchg. Laizer schon wieder auf. (sonst kommt der eigentlich nicht so oft). Diesmal hat er Ndidai , ein 16-jähriges Mädchen, auf seinem Moped dabei. Ndidai (Mutter verstorben, Vater ein gewalttätiger Trinker) wurde bisher von der Kirchengemeinde versorgt. Nun hat das Mädchen die „Mittlere Reife“ geschafft und darf Abitur machen. Aber wer kann Schulgeld, Schulkleidung, Fahrtkosten aufkommen.

Wir werden es besprechen.


Dienstag.

Unterrichtstag für Gabi: Aufarbeitung der Wochenenderlebnisse. Was ist ein Diakon, was braucht ein Diakon, was können wir angesichts dieser Not tun, können wir überhaupt etwas tun und woher kommen die finanziellen Mittel ...?

und natürlich wie jeden Tag: Lebensmittelausgabe, nachwiegen, kontrollieren....


Mittwoch:

Wie jeden Mittoch: Managementteam (früher hätte das in Rummelberg wohl „Anstaltsleitung“ geheißen. Viele Tagesordungspunkte wie in Deutschland auch: Prospekterstellung, Computerinstallation, Personalfragen, Finanzdinge, Bau-und Reparatursachen, Spendenprojekte....) Manches dann doch speziell: Wir diskutieren inwieweit die Famileangehörigen unserer Wachleute Anspruch auf Kostenübernahme der ärtzlichen Versorgung haben. Soweit so gut, bis zu der Frage für wieviele Frauen der einzelnen Wächter die Kostenübernahme gilt? Wir haben entschieden, dass nur die erste Frau und deren Kinder akzeptiert werden (wohl wissend, dass Namen auf Quittungen frei vereinbar sind ).


Soweit mal ein kleiner Streifzug durch eine Woche. Wir hoffen wir konnten so einen kleinen Einblick geben. Dabei haben wir noch gar nichts über die Kinder in unserem Zentrum berichtet, die Diakonenschaft kaum erwähnt und und und.


In jedem Fall sind wir wirklich froh und dankbar, zu wissen , dass es in Deutschland viele Menschen gibt, die an uns denken für uns beten, hie und da einen (oft unverhofften) Gruß senden und unsere Arbeit immer wieder auch mit Spenden unterstützen. Das tut gut.


Wenn jemand die Möglichkeit hat unsere Arbeit finanziell zu unterstützen freuen wir uns darüber. Vielen Dank auch im Namen von Ndidai und den Kindern in Merehani aber auch der vielen Kinder in unserem Zentrum.


Ganz besonders bitten wir diesmal um die Unterstützung der Diakonenausbildung.

Diakone in unserer Kirche tragen ganz nachhaltig zur Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns bei. Spirituell reflektiert, gemeinschaftsfähig, glaubwürdig und nicht korupt. Dazu fachlich qualifiziert.


Vielleicht klingt das ja ein bißchen überschwänglich, wir sind aber trotzdem überzeugt: Die Diakone unserer Gemeinschaft tragen wesentlich zum guten Ansehen der evang. Kirche in Tanzania bei. Kirche gewinnt durch diakonisches Handeln Glaubwürdigkeit (das hilft dann auch gegen Honigtäufer)


Die Ausbildung eines Diakones kostet pro Jahr etwa 450 Euro (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung, Honorar und Fahrkosten für Lehrer, Unterrichtsmaterial, Exkursionen, Taschengeld ....) Es wäre toll, wenn sich Sponsoren oder -gruppen entscheiden könnten: Die 450 Euro pro Jahr kriegen wir zusammen. Herzlichen Dank.

Kontoverbindung:

Mission EineWelt

Stichwort: „Faraja“ Diakonenausbildung

Evang. Kreditgenossenschaft, Kassel, BLZ 52060410

Konto Nr. 10 11 111


Wir hoffen, Euch in diesem Rundbrief ein bißchen mit in unseren Alltag genommen zu haben. Natürlich ist das alles immer nur ein Ausschnitt. Wir laden euch deshalb herzlich ein: Kommt doch für eine Weile zu Besuch. So kompliziert oder teuer ist das überhaupt nicht. Ein bisschen Gesundheitsvorsorge, Flüge gibt es ab 700 Euro und Gästezimmer haben wir in unserem Haus.

Karibuni sana.

Eurer Gabi und Günter


1Pfarrer, wörtlich Hirte